Innovation
14.02.2024

Eine Lösung für erneuerbare Rohstoffe wächst direkt unter unseren Füßen

Eine weitere UN-Klimakonferenz ist vorbei - die Notwendigkeit zur Reduzierung unserer weltweiten Treibhausgasemissionen besteht jedoch nach wie vor. Um dem Klimanotstand entgegenzuwirken, müssen wir die fossilen Ressourcen, die traditionell (zum Beispiel) in der Verkehrs- und Chemieindustrie verwendet werden, durch erneuerbare Rohstoffe ersetzen. Eine erfolgreiche Umstellung erfordert eine erhebliche Steigerung der nachhaltigen Produktion von erneuerbaren Rohstoffen. Die gute Nachricht? Ein Teil der Lösung liegt möglicherweise direkt unter unseren Füßen.

Ein gesunder Boden hat positive Auswirkungen auf die biologische Vielfalt, auf die Kohlenstoffspeicherung sowie auf die landwirtschaftliche Produktivität. Gleichzeitig tragen jedoch konventionelle Bewirtschaftungsmethoden wesentlich zur Verarmung der Böden bei: Die vom Menschen verursachte Bodendegradation betrifft tatsächlich 34 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche weltweit. Zur Verringerung der großflächigen Landdegradation, die durch die Landwirtschaft und andere Faktoren wie den Klimawandel verursacht wird, müssen wir Landwirtschaft von Grund auf neu denken und auf neue Methoden setzen.

Die Wurzeln der regenerativen Landwirtschaft

„Alles beginnt mit der Qualität des Bodens: Etwa 95 % der Lebensmittel, die wir essen, kommen direkt oder indirekt aus dem Boden*“, erklärt Andrea Monti, Professor für Agrar- und Lebensmittelwissenschaften an der Universität Bologna. „In Europa sind derzeit etwa 60 % der Böden nicht gesund und ihre Qualität verschlechtert sich aufgrund einer instabilen Bewirtschaftung und des Verlusts der biologischen Vielfalt weiter. Die Europäische Kommission schätzt, dass sich die finanziellen Auswirkungen der Bodendegradation auf mehr als 50 Milliarden Euro jährlich belaufen. Regenerative Landwirtschaft – Praktiken, welche die Erhaltung und Wiederherstellung der Bodengesundheit als Ausgangspunkt für eine nachhaltigere Landwirtschaft nehmen – kann eine große Wirkung haben.“

Die Idee dahinter ist, dass die regenerative Landwirtschaft durch die Bindung von Kohlenstoff in gesünderen Böden, die Förderung der Artenvielfalt, die Verringerung der Emissionen aus der Landwirtschaft, die Steigerung der Ernteerträge und der Rentabilität sowie die Bereitstellung neuer Mengen Eiweiß für Futter- und Nahrungsmittel sowohl die ökologische als auch die wirtschaftliche Dimension der nachhaltigen Landwirtschaft verbessern kann. Doch damit nicht genug: Die regenerative Landwirtschaft spielt auch eine wichtige Rolle bei der nachhaltigen Produktion erneuerbarer Rohstoffe, die für den Ausstieg aus fossilen Energien benötigt werden.

Erkundung der Möglichkeiten 

Neste, ein führender Hersteller von nachhaltigem Flugzeugtreibstoff und erneuerbarem Diesel, der auch Vorreiter bei der Entwicklung erneuerbarer und zirkulärer Rohstoffe für Polymere und Chemikalien ist, arbeitet gemeinsam mit Partnern aus der Wertschöpfungskette – darunter die Universität Bologna – an der Entwicklung von Konzepten für eine nachhaltige regenerative Landwirtschaft, mit denen Rohstoffe für erneuerbare Produkte bereitgestellt werden können. Das Unternehmen möchte erreichen, dass der Anteil an neuartigen Pflanzenölen (novel vegetable oils, NVOs) aus der regenerativen Landwirtschaft innerhalb seines Portfolios an erneuerbaren Rohstoffen bis 2035 auf etwa 20 % steigt. Dementsprechend führt Neste derzeit bereits mehr als 60 Projekte durch, darunter Feldversuche, Fallstudien zur Nachhaltigkeit und Pilotprojekte mit Partnern in aller Welt. 

Eines dieser NVO-Projekte ist im niederländischen Zeeland auf dem landwirtschaftlichen Betrieb des Nutzpflanzen-Experten Walter de Milliano und des Agronomen Maarten de Milliano beheimatet. „Die Landwirtschaft steht am Scheideweg“, erklärt Walter. „Wir müssen die Landwirtschaft dringend verändern, aber oft sind es die Landwirte, die das gesamte Risiko dieses Wandels tragen. Unsere Fallstudie zur Nachhaltigkeit zeigt, dass wir durch die Zusammenarbeit mit Partnern wie Neste nicht nur diese Risiken mindern, sondern auch neue Chancen nutzen können, von denen die Produzenten von Nutzpflanzen und die Gesellschaft insgesamt profitieren.“

„Wir haben bei diesem ersten Versuch viel gelernt“, stimmt Maarten zu, „und die ersten Ergebnisse sind spannend! Wir haben nach der Winterweizenernte im Juli verschiedene Sorten von Ölfrüchten als Zwischenfrucht ausgesät, um ihre Auswirkungen auf die Bodengesundheit und die biologische Vielfalt zu testen und zu untersuchen, ob ein 120-tägiger Zyklus zwischen den Hauptkulturen machbar und skalierbar ist. Besonders beeindruckend war der Leindotter: Er unterdrückt auf natürliche Weise Unkraut und war Ende November größtenteils erntereif.“

Dies war nur der Anfang der Reise: Neste wird die Zusammenarbeit mit Maarten und Walter fortsetzen, um den Ölgehalt der Leindottersamen zu analysieren und die Auswirkungen der verschiedenen Kulturen auf den Stickstoffgehalt des Bodens zu bewerten. „Unsere bisherigen Erfahrungen zeigen, dass die NVOs den Landwirten in Bezug auf die Agronomie, die biologische Vielfalt und sogar die Existenzgrundlagen viel zu bieten haben“, fasst Walter zusammen. „Wir freuen uns auf die nächsten Phasen unserer Zusammenarbeit und hoffentlich auf eine Zukunft mit ganz viel regenerativer Landwirtschaft!“

NVO project

Drei Konzepte mit großem Potenzial

Das Zeeland-Projekt ist ein Paradebeispiel für den Zwischenfruchtanbau. Dies ist jedoch nur einer von drei Ansätzen der regenerativen Landwirtschaft, die nach Ansicht von Neste neben greifbaren Nachhaltigkeitsvorteilen auch realistische NVO-Erträge liefern könnten. 

1. Zwischenfruchtanbau: Sorgfältig ausgewählte Kulturen wie Leindotter ersetzen brachliegende Flächen zwischen den Hauptkulturen, was zu einer verbesserten Bodengesundheit, geringerer Bodenerosion, besseren Lebensräumen für Bestäuber und Vögel sowie zu einer erhöhten CO2-Bindung in der Atmosphäre führt. Wichtig ist, dass die Landwirte die Pflanzenöle und -proteine als Zwischenprodukt verkaufen können, um ein zusätzliches Einkommen zu generieren. 

2. Kohlenstoffarmer Anbau etablierter Nutzpflanzen: Diese Praktiken, bei denen die Gesundheit und Widerstandsfähigkeit des Bodens im Vordergrund stehen, bieten eine Vielzahl der gleichen Vorteile wie der Zwischenfruchtanbau, insbesondere durch die Bodenbearbeitung, die reduziert wird oder ganz wegfällt, den Einsatz von Deckfrüchten und optimierte Betriebsmittel (was auch einen geringeren Kraftstoffverbrauch und insgesamt weniger Treibhausgasemissionen bedeutet). 

3. Mehrjähriger Anbau: Bäume und Weiden werden langfristig in einer für beide Seiten vorteilhaften Weise integriert, wobei (idealerweise) degradierte Flächen oder Weiden genutzt werden. Zu den Vorteilen gehören wiederum gesündere Böden, eine größere Artenvielfalt und eine höhere Kohlenstoffbindung sowie das Potenzial zur Schaffung neuer Arbeitsplätze in Agroforst-Projekten.

Aussaat von Samen, von denen alle Seiten profitieren

Die drei NVO-Schwerpunktbereiche von Neste haben ein weiteres wichtiges Merkmal gemeinsam: die Minimierung der Auswirkungen auf die Lebensmittelproduktion. Mehrere der getesteten Pflanzen werden nicht nur Öl liefern, das Neste als Rohstoff für erneuerbare Produkte verwenden kann, sondern auch zusätzliches Eiweiß, das für Lebens- und Futtermittel verwendet werden kann. Diese Strategie zielt auch darauf ab, das Risiko indirekter Landnutzungsänderungen (indirect land-use change, ILUC) zu minimieren. 

Dies ist ein Ansatz, den Neste und die Universität Bologna auch weiterhin gemeinsam untersuchen werden. „Wir können sehen, dass die Praktiken der regenerativen Landwirtschaft das Potenzial haben, in den nächsten Jahrzehnten erhebliche positive Ergebnisse zu erzielen. Wir müssen bedenken, dass viele der Auswirkungen, die mit der Einführung regenerativer Anbausysteme verbunden sind, nicht über Nacht sichtbar werden, sondern lange dauern können, mindestens 10 Jahre. Deshalb ist es umso wichtiger, dass wir jetzt handeln“, sagt Professor Monti. „Es ist von entscheidender Bedeutung, einen ganzheitlichen Weg für den Wandel in der Landwirtschaft zu finden, bei dem Wissenschaft und Technologie durch wirtschaftliche und bildungspolitische Strategien für Landwirte unterstützt werden. Als ein Unternehmen, das wichtige Märkte mit erneuerbaren Produkten beliefert, ist Neste ein großartiges Beispiel dafür, wie wir gemeinsam den Fortschritt in der regenerativen Landwirtschaft vorantreiben und eine nachhaltigere Zukunft für Nahrungsmittel und Kraftstoffe gleichermaßen schaffen können!“

* Siehe auch Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (2015)