Luftfahrt
19.02.2021
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In der Luftfahrt muss jetzt mit der Verringerung der Emissionen begonnen werden

Thorsten Lange
Thorsten Lange, Executive Vice President, Erneuerbare Luftfahrt, Neste

Der Klimawandel findet jetzt statt und wir können es uns nicht erlauben, Maßnahmen aufzuschieben. Für die Luftfahrt bedeutet dies die Nutzung nachhaltig produzierter Flugkraftstoffe (SAF), um die Emissionen zu senken. 

Da die Industrie sich für 2050 auf eine Null-Emissions-Politik verpflichtet hat, geht die Tendenz dahin, noch weiter in die Zukunft zu schauen und den Fokus auf lukrative Zukunftstechnologien zu legen, von denen erwartet wird, dass sie einen bedeutenden Beitrag zu dieser enormen Aufgabe leisten können.

Die Gespräche über das Erreichen der Netto-Emissionen im Jahr 2050 könnten den Eindruck erwecken, dass wir die schwierigsten Arbeiten zuletzt erledigen können und dabei auf Technologien setzen, die noch nicht erfunden sind, sowie darauf, dass künftige Generationen in der Lage sind, noch drastischere Änderungen zu verkraften als die, mit denen wir zurzeit konfrontiert werden.  Wir dürfen und sollten uns nicht allein auf zukünftige Lösungen verlassen. Wir müssen die heute bereits verfügbaren Lösungen in vollem Umfang nutzen, während wir weiter an der Entwicklung zukünftiger Lösungen arbeiten.

Schon heute können wir viel mehr tun

Wir bei Neste sind der Meinung, dass wir einen Plan verfolgen müssen, nach dem wir Fortschritte bei den vorhandenen Produktionstechnologien machen, während wir Ansätze für die Zukunft entwickeln, um eine zusätzliche Versorgung mit SAFs sicherzustellen. 

Die erste Phase ist der Einsatz von Technologien, die bereits verfügbar und skalierbar sind. Mit den auf dem Markt erhältlichen, HEFA-basierten Treibstoffen ist es bereits jetzt möglich, die Emissionen beträchtlich zu verringern. 

Der Einsatz von SAFs verkürzt nicht nur sofort den Lebenszyklus von GHG-Emissionen im Verhältnis zu konventionellen Flugtreibstoffen, sondern hilft auch bei der Verringerung der nicht CO2-bedingten Auswirkungen der Luftfahrt aufgrund eines geringeren Ausstoßes von Rußteilchen. Die Europäische Agentur für Flugsicherheit (EASA) hat beschlossen1, dass die nicht CO2-bedingten Auswirkungen 66 % der gesamten Klimawirkung der Luftfahrtemissionen ausmachen.

Nur durch die Verwendung von Abfall, Ölrückständen und Fetten als Rohmaterialien bei der Produktion von SAFs könnten wir bis zu 10 % des fossilen Flugtreibstoffes ersetzen. Diese Menge kann durch die Beschaffung zusätzlicher Mengen an Rohmaterialien durch den Anbau von Pflanzen auf geschädigten Böden oder der Einführung neuer Pflanzen auf bereits vorhandenem Ackerland noch gesteigert werden, womit das Risiko von Änderungen der Landnutzung auf ein Minimum gesenkt wird. 

In einer zweiten Phase könnte der Einsatz von Rohmaterialien auf Siedlungsabfälle, landwirtschaftliche Rückstände und Lignozellulosematerialien ausgedehnt werden, die mittels der Fischer-Tropsch-Synthese oder der Alkohol-to-Jet-Technologie in Kraftstoff umgewandelt werden. Mit diesen ersten zwei Phasen existiert bereits das Potential, ausreichend SAFs zu produzieren, um sämtliche fossilen Kraftstoffe in der Luftfahrt zu ersetzen. Die Technologien der zweiten Phase werden innerhalb der kommenden 5-10 Jahre kommerzialisiert, wobei die ersten Pflanzen bereits jetzt schon wachsen.

Darauf folgt die dritte Phase mit der groß angelegten Produktion von Power-to-Liquids (PTL) oder E-Fuels (synthetische Kraftstoffe). Bei der PTL wird atmosphärischer Kohlenstoff mit Hilfe erneuerbarer Energien in Kraftstoff verwandelt. Nach den meisten Schätzungen wird es 10 bis 12 Jahre dauern, um diese Technologie zu prüfen und sie wirtschaftlich auszubauen. Der Zugang zu großen Mengen erneuerbarer Energie muss ebenfalls zu wettbewerbsfähigen Kosten sichergestellt sein. 

Der Bericht des Weltwirtschaftsforums Auch morgen ein klarer Himmel: Nachhaltige Flugtreibstoffe als Weg hin zu einer Null-Emissions-Luftfahrt zeigt, dass ausreichend nachhaltig produzierte Rohmaterialien verfügbar sind, um bis 2030 den gesamten Bedarf an Flugtreibstoff zu decken.

1) Aktualisierte Analyse der nicht CO2-bedingten Auswirkungen der Luftfahrt und möglicher, politischer Maßnahmen gemäß Artikel 30(4) der EU-Richtlinie zum Emissionshandelssystem, EASA, vom November 2020.

Für eine schnellere Umstellung ist ordnungspolitische Unterstützung erforderlich

Da die Produktion von SAFs teurer als die konventioneller Flugtreibstoffe ist, bedarf es ordnungspolitischer Instrumente, um die Nachfrage zu steuern.  In anderen Worten, die Behörden müssen dabei helfen, einen Markt für die SAFs zu schaffen. Ohne ordnungspolitische Unterstützung wird die Einführung der teureren SAFs bestenfalls schleppend verlaufen und der Anteil der Luftfahrt an den gesamten GHG-Emissionen wird weiterhin schnell wachsen.

Norwegen war mit seinem Beimischungsgebot im vergangenen Jahr wegweisend. Schweden, Frankreich und Finnland werden bald nachziehen. Wir sind der Ansicht, dass bis 2030 durch den effizienten Einsatz der aktuellen Technologien und die schnelle Entwicklung neuer Lösungen ein Beimischungsgebot von 14% auf europäischer Ebene erreicht werden kann.  

Um dies und andere Klimaziele zu erreichen, müssen wir jetzt handeln. Wir als Industrie und Neste als einer der führenden Lieferanten sind zu Investitionen bereit, um uns dieser Herausforderung zu stellen.

Wir dürfen und können nicht einfach warten: der Klimawandel hat bereits begonnen.

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Thorsten Lange
Thorsten Lange, Executive Vice President, Erneuerbare Luftfahrt, Neste